1 1Die unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft hat die nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen am Schluss jedes Wirtschaftsjahrs auf einem besonderen Konto (steuerliches Einlagekonto) auszuweisen. 2Das steuerliche Einlagekonto ist ausgehend von dem Bestand am Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs um die jeweiligen Zu- und Abgänge des Wirtschaftsjahrs fortzuschreiben. 3Leistungen der Kapitalgesellschaft mit Ausnahme der Rückzahlung von Nennkapital im Sinne des § 28 Abs. 2 Satz 2 und 3 und der Mehrabführungen im Sinne des Absatzes 6 mindern das steuerliche Einlagekonto unabhängig von ihrer handelsrechtlichen Einordnung nur, soweit sie den auf den Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs ermittelten ausschüttbaren Gewinn übersteigen (Einlagenrückgewähr). 4Der Bestand des steuerlichen Einlagekontos kann durch Leistungen nicht negativ werden; Absatz 6 bleibt unberührt. 5Als ausschüttbarer Gewinn gilt das um das gezeichnete Kapital geminderte in der Steuerbilanz ausgewiesene Eigenkapital abzüglich des Bestands des steuerlichen Einlagekontos.
2 1Der unter Berücksichtigung der Zu- und Abgänge des Wirtschaftsjahrs ermittelte Bestand des steuerlichen Einlagekontos wird gesondert festgestellt. 2Der Bescheid über die gesonderte Feststellung ist Grundlagenbescheid für den Bescheid über die gesonderte Feststellung zum folgenden Feststellungszeitpunkt. 3Bei Eintritt in die unbeschränkte Steuerpflicht ist der zum Zeitpunkt des Eintritts in die Steuerpflicht vorhandene Bestand der nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen gesondert festzustellen; der gesondert festgestellte Bestand gilt als Bestand des steuerlichen Einlagekontos am Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs. 4Kapitalgesellschaften haben auf den Schluss jedes Wirtschaftsjahrs Erklärungen zur gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen abzugeben. 5Die Erklärungen sind von den in § 34 der Abgabenordnung bezeichneten Personen eigenhändig zu unterschreiben.
3 1Erbringt eine Kapitalgesellschaft für eigene Rechnung Leistungen, die nach Absatz 1 Satz 3 als Abgang auf dem steuerlichen Einlagekonto zu berücksichtigen sind, so ist sie verpflichtet, ihren Anteilseignern die folgenden Angaben nach amtlich vorgeschriebenem Muster zu bescheinigen:
- den Namen und die Anschrift des Anteilseigners,
- die Höhe der Leistungen, soweit das steuerliche Einlagekonto gemindert wurde,
- den Zahlungstag.
2Die Bescheinigung braucht nicht unterschrieben zu werden, wenn sie in einem maschinellen Verfahren ausgedruckt worden ist und den Aussteller erkennen lässt.
4 1Ist die in Absatz 1 bezeichnete Leistung einer Kapitalgesellschaft von der Vorlage eines Dividendenscheins abhängig und wird sie für Rechnung der Kapitalgesellschaft durch ein inländisches Kreditinstitut erbracht, so hat das Institut dem Anteilseigner eine Bescheinigung mit den in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Angaben nach amtlich vorgeschriebenem Muster zu erteilen. 2Aus der Bescheinigung muss ferner hervorgehen, für welche Kapitalgesellschaft die Leistung erbracht wird. 3Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn anstelle eines inländischen Kreditinstituts eine inländische Zweigniederlassung eines der in § 53b Absatz 1 oder 7 des Kreditwesengesetzes genannten Unternehmen die Leistung erbringt.
5 1Ist für eine Leistung der Kapitalgesellschaft die Minderung des Einlagekontos zu niedrig bescheinigt worden, bleibt die der Bescheinigung zugrunde gelegte Verwendung unverändert. 2Ist für eine Leistung bis zum Tag der Bekanntgabe der erstmaligen Feststellung im Sinne des Absatzes 2 zum Schluss des Wirtschaftsjahrs der Leistung eine Steuerbescheinigung im Sinne des Absatzes 3 nicht erteilt worden, gilt der Betrag der Einlagenrückgewähr als mit 0 Euro bescheinigt. 3In den Fällen der Sätze 1 und 2 ist eine Berichtigung oder erstmalige Erteilung von Steuerbescheinigungen im Sinne des Absatzes 3 nicht zulässig. 4In anderen Fällen ist die auf den überhöht ausgewiesenen Betrag der Einlagenrückgewähr entfallende Kapitalertragsteuer durch Haftungsbescheid geltend zu machen; § 44 Abs. 5 Satz 1 zweiter Halbsatz des Einkommensteuergesetzes gilt insoweit nicht. 5Die Steuerbescheinigungen können berichtigt werden. 6Die Feststellung im Sinne des Absatzes 2 für das Wirtschaftsjahr, in dem die entsprechende Leistung erfolgt ist, ist an die der Kapitalertragsteuerhaftung nach Satz 4 zugrunde gelegte Einlagenrückgewähr anzupassen.
6Minderabführungen erhöhen und Mehrabführungen mindern das Einlagekonto einer Organgesellschaft, wenn sie ihre Ursache in organschaftlicher Zeit haben. Mehrabführungen im Sinne des Satzes 1 mindern das steuerliche Einlagekonto der Organgesellschaft vor anderen Leistungen.
7Die vorstehenden Absätze gelten sinngemäß für andere unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften und Personenvereinigungen, die Leistungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 9 oder Nr. 10 des Einkommensteuergesetzes gewähren können.
8 1Eine Einlagenrückgewähr können auch Körperschaften oder Personenvereinigungen erbringen, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegen, wenn sie Leistungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 9 des Einkommensteuergesetzes gewähren können. 2Die Einlagenrückgewähr ist in entsprechender Anwendung der Absätze 1 bis 6 und der §§ 28 und 29 zu ermitteln. 3Der als Leistung im Sinne des Satzes 1 zu berücksichtigende Betrag wird auf Antrag der Körperschaft oder Personenvereinigung für den jeweiligen Veranlagungszeitraum gesondert festgestellt. 4Der Antrag ist nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck bis zum Ende des Kalenderjahrs zu stellen, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Leistung erfolgt ist. 5Zuständig für die gesonderte Feststellung ist die Finanzbehörde, die im Zeitpunkt der Abgabe des Antrags nach § 20 der Abgabenordnung für die Besteuerung nach dem Einkommen örtlich zuständig ist. 6Bei Körperschaften oder Personenvereinigungen, für die im Zeitpunkt der Antragstellung nach § 20 der Abgabenordnung keine Finanzbehörde zuständig ist, ist abweichend von Satz 5 das Bundeszentralamt für Steuern zuständig. 7Im Antrag sind die für die Berechnung der Einlagenrückgewähr erforderlichen Umstände darzulegen. 8In die Bescheinigung nach Absatz 3 ist das Aktenzeichen der nach Satz 5 oder 6 zuständigen Behörde aufzunehmen. 9Soweit Leistungen nach Satz 1 nicht gesondert festgestellt worden sind, gelten sie als Gewinnausschüttung, die beim Anteilseigner zu Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 9 des Einkommensteuergesetzes führen.
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Abflusszeitpunkt
Eine Gewinnausschüttung ist verwirklicht, wenn bei der Körperschaft der Vermögensminderung entsprechende Mittel abgeflossen sind oder eine Vermögensmehrung verhindert worden ist (BFH vom 20.8.1986, I R 87/83, BStBl 1987 II S. 75, BFH vom 9.12.1987, I R 260/83, BStBl 1988 II S. 460, BFH vom 14.3.1989, I R 8/85, BStBl II S. 633, BFH vom 12.4.1989, I R 142-143/85, BStBl II S. 636, BFH vom 28.6.1989, I R 89/85, BStBl II S. 854 und BFH vom 30.1.2013, I R 35/11, BStBl II S. 560).
Bei einer verhinderten Vermögensmehrung tritt der Vermögensabfluss in dem Augenblick ein, in dem die verhinderte Vermögensmehrung bei einer unterstellten angemessenen Entgeltvereinbarung sich nach den allgemeinen Realisationsgrundsätzen gewinnerhöhend ausgewirkt hätte (BFH vom 23.6.1993, I R 72/92, BStBl II S. 801).
Eine Gewinnausschüttung kann auch in der Umwandlung eines Dividendenanspruchs in eine Darlehensforderung liegen (BFH vom 9.12.1987, I R 260/83, BStBl 1988 II S. 460). Eine Gewinnausschüttung ist grundsätzlich auch dann abgeflossen, wenn die Gewinnanteile dem Gesellschafter auf Verrechnungskonten, über die die Gesellschafter vereinbarungsgemäß frei verfügen können, bei der Gesellschaft gutgeschrieben worden sind (BFH vom 11.7.1973, I R 144/71, BStBl II S. 806).
Eine Gewinnausschüttung ist grundsätzlich auch dann abgeflossen, wenn die Gesellschafter ihre Gewinnanteile im Zusammenhang mit der Ausschüttung aufgrund vertraglicher Vereinbarungen z. B. als Einlage in die Körperschaft zur Erhöhung des Geschäftsguthabens bei einer Genossenschaft verwenden (BFH vom 21.7.1976, I R 147/74, BStBl 1977 II S. 46).
Bindung an die Feststellungen des Bestands des steuerlichen Einlagekontos auf Ebene der Gesellschafter
Die gesonderte Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos einer Kapitalgesellschaft gem. § 27 Abs. 2 KStG entfaltet grundsätzlich keine unmittelbare Bindungswirkung i. S. d. § 182 AO, aber über § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG materiell-rechtliche Bindungswirkung für die Anteilseigner (BFH vom 19.5.2010, I R 51/09, BStBl 2014 II S. 937).
Kein Direktzugriff auf das steuerliche Einlagekonto bei Auflösung und Auskehrung einer Kapitalrücklage
Es bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken, dass ein Direktzugriff auf das steuerliche Einlagekonto, d.h. dessen Minderung vor Auskehrung der ausschüttbaren Gewinne nach § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG, auch dann nicht in Betracht kommt, wenn die Leistung der Kapitalgesellschaft auf die Auflösung von Kapitalrücklagen zurückgeht (>BFH vom 11.2.2015, I R 3/14; BStBl II S. 816).
Nennkapitalrückzahlung in Fällen des § 27 Abs. 8 KStG
Zu Anwendungsfragen zur gesonderten Feststellung von Nennkapitalrückzahlungen bei unter § 27 Abs. 8 KStG fallenden ausländische Körperschaften und Personenvereinigungen >BMF vom 4.4.2016; BStBl I S. 468)
Steuerliches Einlagekonto
BMF vom 4.6.2003, BStBl I S. 366
Steuerliches Einlagekonto bei Betrieben gewerblicher Art
>BMF vom 28.1.2019, BStBl I S. 97
Steuerliches Einlagekonto bei Gewinnausschüttungen im
Rückwirkungszeitraum (§ 2 UmwStG)
>BMF vom 11.11.2011, BStBl I S. 1314, Rn. 02.27 und 02.34
Steuerliches Einlagekonto bei wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben der von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen
>BMF vom 2.2.2016, BStBl I S. 200 und >BMF vom 21.7.2016, BStBl I S. 685
Unterjährige Zugänge
Unterjährige Zugänge zum steuerlichen Einlagekonto stehen nicht für Leistungen im gleichen Jahr zur Verfügung (>BFH vom 30.1.2013, I R 35/11, BStBl II S. 560).
Verluste in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiet
R 35 KStR
Verwendungsfestschreibung nach § 27 Abs. 5 KStG
- Die zum Zeitpunkt des Erlasses eines Feststellungsbescheids über das steuerliche Einlagekonto fehlende Steuerbescheinigung über die Ausschüttung aus einer Kapitalrücklage führt nach § 27 Abs. 5 Satz 2 KStG zu einer Verwendungsfestschreibung auf Null €; die Norm ist keiner einschränkenden Auslegung zugänglich (>BFH vom 11.7.2018, I R 30/16, BStBl 2019 II S. 283).
- Keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die vom Gesetzgeber gewählte Ausgestaltung des § 27 Abs. 5 Sätze 1 – 3 KStG (>BFH vom 11.7.2018, I R 30/16, BStBl 2019 II S. 283; >BFH vom 11.2.2015, I R 3/14; BStBl II S. 816)
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