Nach dem Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für die Anwendung des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe b Satz 4 EStG bei wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben (wiGB) der von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen Folgendes:
1. Allgemeines
Nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe b Satz 4 und 5 EStG in der Fassung des Steuersenkungsgesetzes (StSenkG) vom 23. Oktober 2000 (BStBl I S. 1428) und des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes (UntStFG) vom 20. Dezember 2001 (BStBl 2002 I S. 35) gehören die nicht den Rücklagen zugeführten Gewinne steuerpflichtiger wiGB von Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die von der Körperschaftsteuer befreit sind, zu den Einkünften aus Kapitalvermögen. Diese Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen sind mit den Einkünften unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig im Sinne des § 1 Abs. 1 KStG („Ebene der Trägerkörperschaft“).
Die Gewinne unterliegen nach den § 43 Abs. 1 Nr. 7c, § 43a Abs. 1 Nr. 6 EStG einer Kapitalertragsteuer von 10 %. Unter den Voraussetzungen des § 44a Abs. 7 EStG kann bei den dort genannten Gläubigern von Kapitalerträgen (z. B. nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerbefreite Körperschaften) vom Kapitalertragsteuerabzug Abstand genommen werden.
§ 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe b Satz 4 EStG erfasst nur die Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die als Ganzes steuerbefreit sind. Soweit sich diese Steuerbefreiung aus § 5 KStG ergibt, sind dies die nach § 5 Abs. 1 Nr. 5, 7, 9, 16, 19, 22 und 23 KStG Befreiten.
Für Betriebe gewerblicher Art ohne eigene Rechtspersönlichkeit wurden Auslegungsfragen zu § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe b Satz 1 EStG in dem BMF-Schreiben vom 11. September 2002 (BStBl I S. 935) geregelt (Rdnr. 15 ff.; die Rdnrn. 23 und 24 wurden durch das BMF-Schreiben vom 8. August 2005 neu gefasst - BStBl I S. 831). Die Grundsätze des BMF-Schreibens vom 11. September 2002 (a.a.O.) und des BMF-Schreibens vom 8. August 2005 (a.a.O.) sind mit Ausnahme der Rdnrn. 20, 30, 31, 34 und 40 und unter Berücksichtigung der nachfolgenden Regelungen auf § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe b Satz 4 EStG entsprechend anzuwenden.
2. Besteuerungsgegenstand
Ausgangsgröße ist der verwendbare Gewinn des wiGB. Dieser ermittelt sich nach den Grundsätzen der Rdnr. 22 des BMF-Schreibens vom 11. September 2002 (a.a.O.). Die Verwendung von Vermögen des wiGB für den steuerbefreiten Bereich der Körperschaft, Personenvereinigung und Vermögensmasse oder für Dritte führt zu Entnahmen aus dem wiGB und geht dadurch in die Ermittlung des verwendbaren Gewinns ein.
3. Mehrere wirtschaftliche Geschäftsbetriebe
Unterhält eine steuerbefreite Körperschaft mehrere wiGB ist für § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe b Satz 4 EStG auf das Gesamtergebnis aller wiGB, deren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt wird, abzustellen. Der Gewinn des wiGB wird auch dann durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt, wenn die Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse für ihren steuerpflichtigen und ihren steuerbegünstigten Bereich zusammen einen einheitlichen Betriebsvermögensvergleich erstellt. Die Umsatz- und Gewinngrenzen des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe b Satz 1 EStG sind auf den jeweiligen wiGB anzuwenden.
§ 6 Abs. 5 Satz 1 EStG ist anzuwenden.
4. Rücklagenbildung
Soweit der im wiGB angefallene Gewinn zulässigerweise den Rücklagen des wiGB zugeführt worden ist, ist § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe b Satz 4 i.V.m. Satz 1 EStG nicht erfüllt.
Die Grundsätze der Rdnr. 23 im BMF-Schreiben vom 11. September 2002 (a.a.O.) i.d.F. des BMF-Schreibens vom 8. August 2005 (a.a.O.) gelten entsprechend.
Hat eine Rücklagenbildung im wiGB im Einzelfall zum Verlust der Steuerbefreiung der Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse geführt, scheidet die Anwendung des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe b Satz 4 EStG bereits dem Grunde nach aus. Bei Verlust der Steuerbefreiung fallen Leistungen dieser Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse unter § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 9 EStG.
5. Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft
Die Beteiligung einer steuerbefreiten Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse an einer Mitunternehmerschaft stellt einen eigenständigen wiGB dar. Der im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte auf die steuerbefreite Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse entfallende Gewinnanteil ist Besteuerungstatbestand im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe b Satz 4 i.V.m. Satz 1 EStG, wenn die Mitunternehmerschaft bilanziert oder der Anteil an der Mitunternehmerschaft die Größenmerkmale des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe b Satz 1 EStG erfüllt. Die Regelung der Nummer 3 Satz 4 gilt entsprechend. Die Grundsätze der Nummer 4 sind auf der Ebene der Mitunternehmerschaft zu prüfen.
6. Erstmalige Anwendung des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe b Satz 4 EStG und erstmalige Feststellung des steuerlichen Einlagekontos
§ 52 Abs. 37a Satz 2 EStG regelt die erstmalige Anwendung des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe b Satz 4 EStG in Abhängigkeit mit der körperschaftsteuerlichen Behandlung des wiGB. In Fällen, in denen die Umsatz- und Gewinngrenzen nach Ablauf des VZ 2001 erstmalig überschritten werden oder der wiGB erstmals bilanziert, ist bei der erstmaligen Feststellung des Anfangsbestands des steuerlichen Einlagekontos die Billigkeitsregelung der Rdnr. 13 des BMF-Schreibens vom 11. September 2002 (a.a.O.) entsprechend anzuwenden. Dem Anfangsbestand des steuerlichen Einlagekontos eines derartigen wiGB sind alle bis zum Ablauf des Wirtschaftsjahres, das dem erstmaligen Überschreiten der Umsatz- und Gewinngrenzen bzw. der Bilanzierung vorangeht, vorhandenen Eigenkapitalteile zuzurechnen.
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